Heilige Barbara
Schutzpatronin der Bergleute
Es war in einer finsteren Zeit, während der Christenverfolgung im 3.Jahrhundert nach Christi Geburt. Der Legende nach lebte in der kleinasiatischen Stadt Nikomedia (heute Izmit in der Türkei) die Jungfrau Barbara.
Ihr herrschsüchtiger Vater, der Kaufmann Dioscuros, sperrte das Mädchen in einen Turm. Er wollte um jeden Preis ihre Jungfräulichkeit bewahren und ihren Übertritt zum christlichen Glauben verhindern. Aber Barbara ließ sich nicht aufhalten.
Als ihr Vater eines Tages von einer Geschäftsreise zurückkehrte, bemerkte er, dass der Turm, in dem seine Tochter wohnte, mit einem Mal drei statt der bisherigen zwei Fenster aufwies. Zur Rede gestellt, gestand sie ihm, dass sie sich habe taufen lassen, somit nun zum Christentum übergetreten sei und als Symbol für die Anerkennung der Heiligen Dreifaltigkeit ein drittes Fenster in ihre Kammer habe brechen lassen. Dioscuros tobte. Er ließ seine Tochter dem römischen Statthalter vorführen und stimmte zu, dass sie für ihr Verbrechen zum Tode verurteilt werden sollte. Der blindwütige Kaufmann soll Barbara sogar höchst eigenhändig nach einem langen Martyrium den Kopf abgeschlagen haben.
Doch bevor Barbara, mit sich selbst im Frieden, ihren letzten Weg ging, machte sie sich noch auf Erden unsterblich, indem sie der Nachwelt einen schönen Brauch hinterließ, der auch heute noch alljährlich in der kalten Jahreszeit die Liebe und das Leben erblühen lässt.
Auf dem Weg von ihrer Verhandlung zurück in den Kerker blieb Barbara mit ihrem Gewand an einem Strauch hängen. Ein Ästchen verfing sich und das Mädchen ließ dieses in ihrer Zelle mithilfe des Wassers aus ihrem Trinkgefäß gedeihen. Die Legende erzählt, dass der Zweig just an dem Tag ihrer Hinrichtung erblühte und auf diese Weise der todgeweihten Christin ihren letzten Trost brachte.
(Text: Tobias Micke)
Das Wunder der heiligen Barbara von Böckstein!
Die Sage von der Errettung der Bergknappen durch das Läuten einer Glocke in der Christnacht im Jahre 1746 dokumentiert eine Zeit, in der die Bergknappen von Böckstein zum Gottesdienst nach Wildbad Gastein in die Nikolauskirche gehen mussten. Bis nach langem Bitten der Bergleute Erzbischof Sigismund von Schrattenbach1759 in Böckstein ein Wallfahrtskirchlein erbauen ließ.
Es war einmal vor langer Zeit in einer Christnacht ....
Im Knappenhaus in der alten Pöck saßen die Bergknappen bei der Heiligennachtjause. Im Herrgottswinkel stand ein Tisch mit der Weihnachtskrippe. Zwei weiße Kerzen bestrahlten das aus Wachs geformte Jesuskindlein, die heilige Maria, den heiligen Josef, die Hirten und die Schafe. Die Wand schmückte ein Hinterglasbild der heiligen Barbara. Die Knappen hatten das Bildnis mit einem Gewinde von Kirschzweigen bekränzt. Sie hatten die Lebenszweige am Barbaratag von den Kirschbäumen geschnitten, sie in einen irdenen mit Wasser gefüllten Krug gegeben und oberhalb des Ofens auf ein Wandbrett gestellt. Die Burschen hofften, dass sie bis zum Christtag blühen und dadurch ihre Wünsche erfüllt werden.
Im Schacht brannte ein Öllicht für den Berggeist und die Wichteln vom Radhausberg.
„St. Barbara hilft in der Sterbestunde“, sagte der Älteste. „Sie war die Tochter des heidnischen Kaufmannes Dioscuros und sehr schön. Weil sie sich aber zum Christentum bekehrte und nicht heiraten wollte, enthauptete sie der eigene Vater. Der Blitz hat ihn dafür auf der Stelle getötet. Die Tochter aber wurde unsere Schutzpatronin. Sie zählt zu den Nothelfern. Ihr zur Seite stehen die heiligen Frauen Katharina und Margaretha. Die Leute haben darüber einen Reim erfunden:
Die Barbara mit dem Turm,
die Margareth mit dem Wurm,
die Katharina mit dem Radl,
das sind die drei heiligen Madln.
Die Bergleute lachten. Im Ofen brannten die Buchenscheiter, der weihnachtliche Mettenstock knisterte und verbreitete wohlige Wärme. „Wir wollen nun mit dem Lesen der Heiligenlitanei beginnen. Bald ist es Zeit für die Christmette. Der Weg nach Wildbad Gastein in die Nikolauskirche ist weit.“
Sie bekreuzigten sich und falteten die Hände. Draußen erhob sich ein Unwetter. Schnee- und Eisstücke flogen krachend gegen die Hauswand, die hölzernen Fensterläden sprangen auf, Schneeflocken wirbelten in die Stube. „Wir werden noch das Läuten der Glocke überhören. Sollen wir uns nicht auf dem Weg machen?“ „Wir wollen das Unwetter abwarten. St. Barbara wird uns durch die Nacht geleiten.“
Draußen war es still geworden. Plötzlich ertönte das Läuten der Glocke. Die Bergleute horchten auf. Es war noch zu früh. Doch das Rufen der Glocke ertönte neuerdings. Es wurde immer eindringlicher und stärker. So brachen sie auf. Der Weg war beschwerlich, aber das Läuten widerhallte in den Bergen, sodass sie zuletzt zu laufen begannen.
„Die Glocke mahnt uns vor Unheil. Sie bellt wie ein Hund. Das hat eine Bedeutung.“
Als die Knappen keuchend und außer Atem in Wildbad Gastein anlangten, fanden sie das Tor der Nikolauskirche verschlossen. Nach geraumer Zeit kam der Mesner mit einem Schlüsselbund und fragte warum sie denn schon so früh zur Stelle wären. Die Bergmänner schauten ihn ob dieser Redensart verwundert an, gingen in die Kirche und setzten sich auf die Holzbänke.
Es roch nach Weihrauch, nach Wachslichtern und nach Tannenharz. In der Christnacht, so dachten sie, gibt es wohl Dinge, über die man nicht reden kann. Denn wenn Gott in dieser Nacht sogar den Tieren die Sprache gibt und Bäume blühen lässt, dann soll der Mensch schweigen und nichts fragen.
Beim Nachhausegehen fühlten sie sich frei und glücklich. Es war kalt, der Schnee knirschte unter ihren Tritten und der Wind beraubte sie fast des Atems. Sie dachten an die warme Stube und an die heiße Frühsuppe. Auf einer Anhöhe hielten sie Rast. „Um Gottes Willen“ rief plötzlich ein Knappe und zeigte mit ausgestreckter Hand in Richtung Alte Pöck. Mehr vermochte er nicht zu sagen. Die Kameraden eilten an den Schreckensort.
Wasserstürze und Lawinen hatten das Werkshaus vernichtet. Nur da und dort ragten einzelne Mauerreste aus dem Schutt. Die Knappen erkannten, dass sie nur durch ein Wunder dem Tod entronnen waren. Einer von ihnen sagte:“ Ein Bergwichtel vom Radhausberg hat frühzeitig die Glocke geläutet und uns vor dem Tod bewahrt.“
„Seht!“ rief der Älteste und deutete auf die Eis- und Schneemassen. Obendrauf lag unversehrt das Bild der heiligen Barbara. Die zum Kranz gewundenen Kirschzweige waren mit Blüten übersät. Der Alte bückte sich nach dem Bilde, hob es auf, bettete es an seine Brust und sagte: „Gott schütze die heilige Barbara und ihre blühenden Zweige der Weihnacht. Ihr Duft ist süßer als alle Seligkeit der Erde. Seht ihr, Brüder, wie der Himmel blüht.“
(Quelle: Gasteiner Sagen, Dr. Karl O. Wagner, Bad Gastein)